der Naturwissenschaften
und der Technik
Kernphysik an der Friedrich-Schiller-Universität Jena von 1946 bis 1968
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Bernd Helmbold |
Zum Geleit
Von den Fortschritten in der Physik werden von der Allgemeinheit nur die Spektakulärsten zur Kenntnis genommen, von den handelnden Personen bleiben allenfalls Nobelpreisträger im allgemeinen Gedächtnis. Dabei beruhen aber die meisten Erkenntnisse auf der Arbeit sehr vieler Wissenschaftler an Universitäten, in der Industrie oder sonstigen Forschungseinrichtungen. Diese Personen verschwinden aber selbst in Fachkreisen viel zu schnell aus dem Gedächtnis.
Mit dem vorliegenden ersten Band wird die Schriftenreihe »Jenaer Beiträge zur Geschichte der Physik« begründet, die einige zu Unrecht Vergessene und Vergessenes wieder in Erinnerung rufen soll.
Die Idee einer solchen Reihe entstand im Alumniverein der Physikalisch-Astronomischen Fakultät der Universität Jena e.V. zu dessen Zielen und Aufgaben es unter anderem gehört, Beiträge zur Aufarbeitung der Geschichte der Fakultät und der Physik in Jena zu leisten. Obwohl die Reihe für alle physikhistorischen Themen offen sein soll, wird doch ein eindeutiger Schwerpunkt auf Entdeckungen und Entwicklungen liegen, die mit der Universität Jena verbunden sind.
Jena nimmt heute in Deutschland unter den physikalischen Lehr- und Forschungseinrichtungen einen vorderen Platz ein. Wenig bekannt ist, dass Jena diese Position bereits seit den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts inne hatte und die Geschichte der Physik an der Universität Jena fast bis zu deren Gründung 1558 zurückreicht, denn bereits 1563 wurde mit Friedrich Pensold der Lehrstuhl für griechische Sprache und Physik an der Philosophischen Fakultät besetzt. Zu den Studenten, Hochschullehrern oder Ehrendoktoren gehören so bekannte Naturwissenschaftler wie Gottfried Wilhelm Leibniz, Otto von Guericke, Johann Wilhelm Ritter und Johann Wolfgang von Goethe. Mit Jena werden heute allgemein die Namen Ernst Abbe, Carl Zeiss und Otto Schott in Verbindung gebracht. Wer aber kennt Karl Baedeker, Sohn des Herausgebers der bis heute beliebten Reiseführer und bis zu seinem Tode 1914 außerordentlicher Professor in Jena, dem man heute im Nachhinein die Entdeckung der Dotierung von Halbleitern zuordnet? Wer weiß schon, dass die erste Physikertagung der Deutschen Physikalischen Gesellschaft (DPG) 1921 in Jena stattfand und dass der Jenaer Physiker Max Wien 1918 bis 1919 und 1924 bis 1925 Präsident der DPG war? Ist noch bekannt, dass die weltweit erste UKW-Übertragung 1925 zwischen Jena und Kahla unter der Leitung von Abraham Esau stattgefunden hat? Wer weiß, dass Friedrich Hund, der Entdecker der Hundschen Auswahlregeln und des quantenmechanischen Tunneleffektes, von 1946 bis 1951 die theoretische Physik in Jena wieder aufbaute, 1946 kurzzeitig Rektor war, 1949 den Nationalpreis der DDR bekam, aber dann einem Ruf nach Frankfurt am Main folgte? Ist bekannt, dass bereits 1962 in Jena die ersten Laser gebaut wurden, wobei das Physikalische Institut unter der Leitung von Wilhelm Schütz eng mit Zeiss kooperierte und schon bald darauf die Laser auf der Leipziger Messe präsentierte? Solche Fragen ließen sich bis in die heutige Zeit fortsetzen.
Wir hoffen im Laufe der Jahre eine Schriftenreihe zu erhalten, die Interessenten einen Einblick in die zurückliegende Forschung in den physikalischen Einrichtungen in Jena gibt. Dem Leser wird ein Einblick in die meist mühevollen Wege der Forschung gegeben, die oft unter den Zwängen ihrer Zeit standen. Unter unterschiedlichen politischen Einflüssen wurde physikalische Forschung von Menschen betrieben, die sich mehr oder weniger mit den Herrschenden einlassen mussten, um Ihre Ziele zu verwirklichen. Die Reihe »Jenaer Beiträge zur Geschichte der Physik« versteht sich auch als Ergänzung zum »Jenaer Jahrbuch zur Technikgeschichte«.
Der Alumniverein hat als Träger der Schriftenreihe ein kompetentes Team als Herausgeber gewinnen können.
Die Herausgeber vereinen vielfältige Kompetenzen im Umgang mit der Thematik. Ralf Hahn ist Wissenschaftshistoriker und seit 1996 Archivar der Deutschen Physikalischen Gesellschaft. Paul Seidel ist Professor für Angewandte Physik/Tieftemperaturphysik am Institut für Festkörperphysik und bindet in die Lehre das Verständnis aus den historischen Quellen ein. Im letzten Jahr legte er eine Arbeit zu Leonhard Sohncke, dem ersten Direktor des Physikalischen Instituts der Universität, vor. Unter der Leitung von Wolfgang Ziegler wurden umfangreiche Datenbanken zur Geschichte der Naturwissenschaften und Physik erarbeitet und historische Quellen digitalisiert.
Den Herausgebern steht ein Beirat zur Seite, der mit Vertretern der Geschichte der Naturwissenschaften, der Technikgeschichte, der Physikmethodik und des Archivwesens besetzt ist.
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