der Naturwissenschaften
und der Technik
Wissenschaftliche Abhandlungen Band IV
Übersicht | Inhalt | Einführung
Philipp Lenard |
Einleitung
Als Philipp Lenard (1862-1847) seine wissenschaftlichen Abhandlungen aus den Jahren 1886 bis 1932 für ein vierbändiges Werk zusammenstellte, war er fast 80 Jahre alt. Seine kreative und außerordentlich produktive Zeit als Experimentalphysiker lag mehr als 40 Jahre zurück. Die letzten Notizen über eigene Beobachtungen machte er in seinen Experimentierbüchern 20 Jahre vorher, im Februar 1922. Bei der Feier zu seinem 80. Geburtstag sagte er in seiner Dankesrede, daß er noch Träume für seine letzten Lebensjahre habe. »Der eine besteht darin, daß meine alten Arbeiten herausgegeben werden – in gutem Zusammenhang und leicht zugänglich. Daran erfreut mich, daß man nun wird nachprüfen können, zu jeder späteren Zeit, ganz leicht, ob alles [...] auch stichhaltig ist. Man mag das nachprüfen. Wenn es noch Menschen gibt, die nachher sich mit derlei beschäftigen, so haben sie es leicht. Was ihr Urteil sein wird, ist mir ganz gleich, wenn es nur wahr ist.« Die 4 Bände sollten einen Überblick geben über Lenards Lebenswerk, sie sollten ein Vermächtnis sein und seine wichtigsten Arbeiten noch einmal in Erinnerung bringen. »Es sollte nicht nur besser gesehen werden, was in denselben erreicht wurde, sondern es wäre wert, später noch leicht zu sehen, wie meine Arbeit voranging« schreibt er im Vorwort. Und noch ein anderes Ziel wollte Lenard erreichen: er wollte endlich von der Fachwelt breite Anerkennung für seine Leistungen! Es sollte den Physikern noch einmal vorgeführt werden, »welch unerschöpflicher Schatz unermüdlicher Naturbeobachtung hier vorliegt«. Rudolf Tomaschek benannte 1943 den Grund für diesen Wunsch ganz ausdrücklich: »Es ist ja der merkwürdige Zustand nicht zu leugnen, den auch Lenard in seiner Vorrede [...] betont, daß Lenards Arbeiten von seinen Zeitgenossen fast durchweg mißgünstig aufgenommen wurden und auch heute ist in dem Bewußtsein eines großen Teiles der deutschen Physiker seine wirkliche Bedeutung trotz mancher äußeren Anerkennung nicht annähernd gewürdigt. Die vorliegende Zusammenstellung wird ein objektives Urteil allmählich bilden helfen«. Lenard formulierte es noch krasser: »Das Verhalten der Physiker-Zeitgenossen zu meinen Arbeiten [...] war durchweg mißgünstig. Man strebte meinen guten stets mit Kontrolle, niemals schnell vorläufig mitgeteilten Beobachtungen zu mißtrauen, [...] man pflegte bei Nennung des Ursprungs [von Ergebnissen. C. S.] fremde Namen einzuschalten von Nachfolgern. Mein Name war unbeliebt«.
Von dem vierbändig geplanten Werk sind bisher nur drei Bände erschienen, der erste Band von 1942 enthält die hydrodynamischen und gastheoretischen Arbeiten Lenards und seine Veröffentlichungen über Molekularkräfte, der zweite Band, der 1943 herauskam, umfaßt seine Beiträge zur Phosphoreszenz. Kurz vor Ende des Zweiten Weltkrieges konnte auch noch der dritte Band gedruckt werden, in ihm sind Arbeiten über Kathodenstrahlen, Elektronen und über die Wirkungen des ultravioletten Lichtes zusammengefaßt. Mehr als 50 Jahre nach Lenards Tod und fast 60 Jahre nach Veröffentlichung des dritten Bandes soll jetzt die Sammlung von Lenards Wissenschaftlichen Abhandlungen durch den 4. Band abgeschlossen werden. In ihm sind Arbeiten über »Elektrische und optische Sonderuntersuchungen und die Abhandlungen über Äther, Energie und Gravitation« zusammengestellt. Das ist in mehrfacher Hinsicht ein komplexes Vorhaben. Einerseits ist die Person Philipp Lenards für einen Wissenschaftshistoriker kein einfaches Thema. Und andererseits müssen für die Veröffentlichung von Arbeiten, die bereits bei ihrer Zusammenstellung durch Lenard »überlebt« waren und von der Fachwelt mehr oder weniger ignoriert wurden, besondere Gründe sprechen; beide Aspekte sollen erörtert werden.
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