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»Ich wollte, ich wäre ein guter Schuhflicker...«

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 (1997) (1997)

Wolfgang Hernschier
»Ich wollte, ich wäre ein guter Schuhflicker...«
Das unglückliche Leben des bayerischen Astronomen Johann Nepomuck Fischer (1749-1805) – Eine dokumentarische Biographie
100 Seiten, Abb., Pb., 12,80 Euro
ISBN 978-3-928186-34-6
Die erste einigermaßen vollständige Biographie des bayerischen Mathematikers und Astronomen.

 

Vorwort

»Durch der Parteien Gunst und Haß verwirrt, schwankt sein Charakterbild in der Geschichte«, sagt SCHILLER über seinen Dramenhelden WALLENSTEIN. Diese Worte könnten auch für JOHANN NEPOMUCK FISCHER gelten. Spärliche Nachrichten über sein Leben, widersprüchliche Berichte seiner Zeitgenossen machen es uns nicht leicht, sein Lebensbild zu zeichnen. Die folgende Biographie versucht, Leben und Werk des bayerischen Mathematikers und Astronomen an Hand von Dokumenten, Briefen und anderen zeitgenössischen Zeugnissen vorurteilsfrei darzustellen.

Von einigen seiner Zeitgenossen hochgeachtet ob des umfangreichen Wissens und der Kenntnisse, die er nicht nur in seinen eigentlichen Fachgebieten Mathematik, Physik und Astronomie besaß, von anderen gehaßt und verurteilt wegen seines manchmal ungestümen und aufbrausenden Wesens und oft übersteigerten Selbstbewußtseins, und in seinem Leben durch alle Höhen und Tiefen menschlichen Daseins gegangen, das war JOHANN NEPOMUCK FiSCHER.

»Da ich aber einmal meine eigene Art zu denken habe, und gerne schreibe, wie ich denke, so erbitte ich mir einmal für allemal die Freyheit, ... keines Menschen Schüler, Nachbeter, oder Herold, sondern Naturforscher, Selbstdenker, und Selbstbeurtheiler seyn zu dürfen.«

Dieser Satz aus einer seiner Schriften steht über seinem gesamten Leben. Er mochte sich nicht unterordnen; er wollte seiner Wissenschaft dienen und dabei nur sich selbst und seinem Gewissen für sein Handeln verantwortlich sein. Diese Haltung hat ihm viele Feinde und ein Leben beschert, das reich war an Kämpfen, Entbehrungen und Enttäuschungen.

JOHANN NEPOMUCK FISCHER (er schrieb tatsächlich seinen Namen stets mit -ck!> gehörte nicht zu den Großen der Astronomie. Vielleicht hat sein unglückliches Schicksal verhindert, daß er auf dem Gebiete der Himmelsforschung Bedeutendes leisten konnte, vielleicht hat er auch seinem Fortkommen selbst oft im Weg gestanden. Sei es wie es ist; einer seiner späteren Nachfolger auf der Mannheimer Sternwarte, WILHELM VALENTINER, bedauerte in seiner »Geschichte der Großherzoglichen Stemwarte«, daß FISCHER nur so kurze Zeit in Mannheim hatte arbeiten können, und nannte ihn eine »sehr tüchtige astronomische Begabung«

Viele Dokumente, die uns über das Leben JOHANN NEPOMUCK FISCHERs heute hätten Auskunft geben können, sind verloren, zum Teil durch Krieg und Brand, zum Teil aber auch durch Nichtachtung; so sind eine große Zahl der nicht mehr benötigten Papiere beim Umzug des Mannheimer Hofes nach München zur Deckung der Frachtkosten als Altpapier verkauft worden. Dies alles macht es heute sehr schwierig, den Lebensweg FISCHERs nachzeichnen zu können.

Die hier vorgelegte Biographie JOHANN NEPOMUCK FISCHERs – sie ist die erste einigermaßen vollständige – schildert nicht nur das außergewöhnliche Schicksal eines Wissenschaftlers des ausgehenden 18. Jahrhunderts, sie beleuchtet auch die oft recht schwierigen Bedingungen, unter denen wissenschaftliche Arbeit im Jahrhundert der Aufklärung in dem Spannungsfeld zwischen der Abhängigkeit von Fürstengunst und dem Wohlwollen des Klerus einerseits und dem Bestreben nach wissenschaftlicher Erkenntnis der Natur andererseits stand.

Die vielen in dieser Arbeit verwendeten Originalzitate – weshalb ich sie auch mit Absicht eine »dokumentarische Biographie« nenne – geben wohl besser als eine erzählende Schilderung der Fakten die tatsächlichen Lebens- und Arbeitsumstände sowie – in den brieflichen Aussagen – das Wechselspiel von Hoffnung und Existenzangst, von Teilnahme, strikter Ablehnung und Intrigen wieder, dem JOHANN NEPOMUCK FISCHER einen großen Teil seiner Lebenszeit hindurch ausgesetzt war.

Meinen besonderen Dank für die freundliche und bereitwillige Unterstützung meiner Arbeit, die nur durch die tätige Mithilfe vieler Stellen gelingen konnte, sage ich den Mitarbeitern des Hauptstaatsarchivs München, des Generallandesarchivs Karlsruhe, des Archivs des Erzbistums München und Freising, des Dom- und Diözesanarchivs Mainz, des Archivs der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, des Reiß- Museums Mannheim, der Stadtbibliothek Schaffhausen, der Stadtarchive von Frankfurt a. M., Neuburg a. d. Donau und Miesbacl und Herrn Dr. Dumont von der Sömmerring-Forschungsstelle der Universität Mainz, die mir bei der Suche nach Quellen und Dokumenten wertvolle Hilfe leisteten. Leider blieben dagegen meine Anfragen bei der Royal Astronomical Society in London bis heute unbeantwortet.

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