der Naturwissenschaften
und der Technik
50 Jahre GNT
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Klaus Hentschel (Hrsg.) |
Vorwort
Jubiläumsschriften von Akademien, Universitäten, Instituten oder wie hier von Abteilungen und Studiengängen sind eine von Wissenschafts-, Technik-, Institutions- und Unternehmens-historikern vielgenutzte Quelle – vielfach sogar eine, an deren Entstehen sie mehr oder weniger intensiv mitgewirkt haben. Zugleich sind solche „Festschriften“ aber auch eine sehr problema¬tische Textsorte, die von den gleichen Historikern im Zuge der Quellenkritik gerne unter den Generalverdacht der positiven Voreingenommenheit, der Selbstbespiegelung, wenn nicht gar der eitlen Selbstbeweihräucherung gestellt wird, sofern betroffene Akteure da ihre eigene Geschichte geschrieben haben. Falls andere diese Aufgabe übernommen haben (häufig gegen mitunter ganz beträchtliche Bezahlung), bleibt immer noch der Verdacht einer interessensgeleiteten Auswahl, seien es vorteilhafte Episoden und hagiographische Verzeichnungen oder umgekehrt die Vermeidung unvorteilhafter, problematischer Themen . Wohlbekannt ist z.B. die vollständige oder zumindest weitgehende Aussparung der NS-Zeit aus Jubiläumsschriften, durchaus auch in akademischen Kontexten von Biographien oder Universitätsjubiläen, die erst seit den 1970er Jahren zunehmend überwunden wurde. Gleich zu Anfang sei den Leser/innen versichert, dass sich alle Autor/innen sehr um eine sachliche Wiedergabe von Ereignissen und Forschungsbeiträgen bemüht haben. Die zugrundeliegenden Fakten werden hier präsentiert.
Unsere Jubiläumsschrift entstand im Wintersemester 2017/2018 und geht in wesentlichen Teilen nur 50 Jahre bis zur Gründung der Abteilung für Geschichte der Naturwissenschaften und Technik (GNT) zurück. Damit kommen wir ziemlich genau in eine Umbruchszeit der späten 1960er und frühen 1970er Jahre, die von Basiskritik, Demonstrationen, sit-ins und mehr oder weniger radikalen Universitätsreformen geprägt waren, über die konsequentermaßen hier auch einiges zu finden ist (besonders in dem Beitrag von Marius Penz über den Stuttgarter Kontext der Gründung der Abteilung GNT).
Große Teile der Jubiläumsschrift werden durch Publikationsverzeichnisse (in die nur längere Veröffentlichungen während der GNT-Zeit der jeweiligen Personen unter Aussparung von Buchbesprechungen, Lexikon- oder Zeitungsartikeln sowie kürzeren Beiträgen aufgenommen wurden) sowie andere listenförmige Chronologien bestimmt, die wir durch Bildmaterial aufgelockert haben, um das Ganze lesbar zu machen und ansprechend zu gestalten. Diese Ju-bi¬läums¬schrift entstammt nicht der Feder eines einzelnen vor sich hinschreibenden Historikers, sondern sie ist das Ergebnis eines Projektseminars, das der Herausgeber zusammen mit fünf Studierenden der GNT (einer davon im Nebenfach) sowie eines GNT-Bachelorabsolventen durchführte, der derzeit seinen Master im interdisziplinären Studiengang „Wissenskulturen“ macht. Diese intensive Mitwirkung von Studierenden bei der Zusammenstellung einer Festschrift zur Geschichte des von ihnen studierten Faches dürfte ungewöhnlich sein – sie war aber sehr spannend und sie führte auch zu einer deutlich anderen Schwerpunktsetzung sowie zu einer viel stärkeren Einbindung von Studierenden in die Jubiläumsveranstaltung im März 2018, selbst¬ironisch von manchen auch als „Jubelfeier“ tituliert. Etliche Beiträge in dieser Festschrift stam¬men also von Studierenden und einer von unserer Sekretärin– sie wurden im Seminar intensiv diskutiert und optimiert, aber verantwortlich für die jeweils vertretenen Thesen bleibt der je¬weilige Autor, der bei längeren Beiträgen gleich zu Beginn und bei Kurzbeiträgen unten rechts mit den auf der ISBN-Seite aufgelösten Namenskürzeln in eckigen Klammern angegeben ist.
Es war sehr hilfreich, dass dies hier nicht die erste, sondern bereits die zweite Publikation anlässlich eines GNT-Jubiläums ist. Schon für das 25-jährige Jubiläum der GNT hat der damalige Assistent am Lehrstuhl, Helmuth Albrecht, 1993 eine Anthologie zu Naturwissenschaft und Technik in der Geschichte. 25 Jahre Lehrstuhl für Geschichte der Naturwissenschaft und Technik am Historischen Institut der Universität Stuttgart herausgegeben, die wir intensiv genutzt haben und auf die wir mehrfach verweisen. Unser Bestreben war es, komplementär zu dieser ersten Festschrift, die im Wesentlichen eine Sammlung von Forschungsbeispielen früher Akteure der GNT ist, die Geschichte der Abteilung sowie des Studiengangs GNT und ihre Forschungsergebnisse aufzuarbeiten. Daher haben wir diesmal auf die Wiedergabe derjenigen Vorträge verzichtet, die während der „Jubelfeier“ am 1. und 2. März 2018 gehalten wurden, bis auf zwei Ausnahmen, die sich speziell der Gegenwart und Zukunft der Abteilung sowie dem historischen Umfeld früher Gründungen von Lehrstühlen von Wissenschafts- und Technikgeschichte widmen. Die Aufarbeitung der Geschichte jener beiden Felder ist eine leider bislang nur gelegentlich – insbesondere immer wieder mal im Kontext von Jubiläen einzelner Institute oder Gesellschaften – angegangene Aufgabe, zu der wir hier unser Scherflein beitragen wollen. Mit der Bereitstellung knapper Lebensläufe aller wissenschaftlichen Mitarbeiter und der drei Lehrstuhlinhaber, die die Abteilung GNT bislang hatte, bis zu einer hoffentlich vollständigen (auf jeden Fall beeindruckend langen) Liste aller studentischen und wissenschaftlichen Hilfskräfte, hoffen wir zur Dokumentation ihrer Geschichte beizutragen.
Bei unserem Bericht über Forschungsleistungen legen wir den Akzent auf die größeren Publikationen – viele Bücher werden neben den bibliographischen Angaben im Publikationsver¬zeichnis auch mit einem Faksimile des Covers und kurzen Inhaltsangaben vorgestellt, um eine genauere Vorstellung davon zu geben, womit sich die Mitarbeiter/innen der GNT all diese fünfzig Jahre lang auseinandergesetzt haben. Auf eine Auflistung von Vorträgen haben wir verzichtet, da dies thematisch vielfach nur eine Wiederholung von Themen gebracht hätte, die auch im Publikationsverzeichnis gut erkennbar sind. In dem 1999 von Thomas Schuetz redigierten Beitrag Armin Hermanns über die Abt. GNT (hier auf S. 190-192) sowie in meinem Abschlussbeitrag findet sich jeweils der Versuch einer Abbildung wiederkehrender Schwerpunktthemen, die das Werk von mehr als einem Mitarbeiter durchziehen und für die die Stuttgarter GNT überregional, ja international bekannt wurde – ich widerstehe der Versuchung, diese Schwer¬punktbereiche hier aufzulisten und verweise auf die Beiträge S. 190ff. sowie auf die GNT-Webseite zu Forschungsthemen (mit jeweils weiterführenden links). Dass Publikationen des ersten Lehrstuhlinhabers Armin Hermann in insgesamt sechs Sprachen übersetzt wurden (vgl. den Auszug aus seinem worldcat-Eintrag auf S. 54, der auch über Jahrzehnte hinweg hohe Publikationsintensität wiedergibt) oder dass ich z.B. derzeit mein siebtes Buch in Englisch publiziere, zeigt bereits, dass die Forschungen der GNT in der Tat international rezipiert wurden. Mehrere Forschungspreise, die alle drei Lehrstuhlinhaber sowie z.B. auch PD Dr. Beate Ceranski als langjährige Assistentin am Lehrstuhl und nunmehr entfristete akademische Oberrätin erhielten, beweisen Anerkennung unserer Leistungen in der scientific community. Besonders freut uns die Anerkennung, die unsere Studierenden und Promovenden für ihre Abschlussarbeiten erhalten haben – belegt durch die mittlerweile bereits sechs Preisträger/innen des Wilhelm-Zimmermann-Preises, den der Verein der Freunde des Historischen Instituts alljährlich für herausragende Abschlussarbeiten verleiht. In der Betreuung von mittlerweile 40 Dissertationen, 82 Magisterarbeiten und 30 Bachelorarbeiten in GNT sowie einer zunehmenden Zahl von Masterarbeiten in den neuen interdisziplinären Studiengängen „Wissenskulturen“ sowie „Digital Humanities“, an denen die GNT intensiv mitwirkt, bilden sich weitere Forschungs- und Lehrleistungen ab (vgl. unsere Auflistung aller GNT-Abschluss¬arbeiten auf S. 172-185, geordnet in die verschiedenen Kategorien von Habilitationen über Promotionen, Magister/Master/Bachelor- bis zu seltenen Staatsexamensarbeiten).
Bezüglich des Lehrangebots der GNT über die 50 Jahre haben wir längere Zeit diskutiert, ob wir alle 100 Semesterprogramme in die Festschrift aufnehmen sollten und uns dann dagegen entschieden, da sonst 100 nur sehr mühsam durcharbeitbare und zudem klein gesetzte Seiten ent¬standen wären – stattdessen finden Sie diese GNT-Auszüge semesterweise OCR-gescannt und nach Namen, Stichworten und Daten online frei durchsuchbar gemacht als herunterladbare pdf-Datei im Internet auf unserer Webseite. In dieser Festschrift haben wir uns auf eine knappe Zusammenfassung des Lehrangebots beschränkt, in der insbesondere die regelmäs¬sig wiederkehrenden Vorlesungszyklen und Lektürekurse gestrafft wiedergegeben wurden und (Haupt)Semi¬nare nach Themengruppen gebündelt und in einer repräsentativen Auswahl genannt wurden. Bezüglich des Lehrangebots im Studienfach GNT sei noch vermerkt, dass dieses seit Gründung der Abteilung für „Wirkungsgeschichte der Technik“ im Jahre 2011 (geleitet von meinem Kollegen Prof. Dr. Reinhold Bauer) mitgetragen wird. Durch diesen von der Leibin¬ger-Stiftung für zehn Jahre anfinanzierten Stiftungslehrstuhl WGT konnten wir das Lehrangebot des Studienfachs GNT in Richtung der Technikgeschichte sowie der Innovations- und Unternehmensgeschichte, die früher vorwiegend durch Lehraufträge abgedeckt wurden, stark erweitern. Es war im Rahmen dieser Festschrift nicht möglich oder sinnvoll, die GNT- und WGT-Anteile im Lehrangebot zu trennen – die Geschichte der neuen Abt. WGT als nunmehr siebter Abteilung des Historischen Instituts samt den dort betriebenen Forschungen, die zu denen der GNT komplementär sind, wird von der WGT dereinst selbst geschrieben werden.
Die vielen innovativen Projektseminare, die die Abteilung GNT seit 2006 durchgeführt hat, sind hier hingegen ausführlicher und mit einigen begleitenden Photos dokumentiert, die die Ergebnisse wie z.B. Ausstellungen, Vitrinen oder online bereitgestellte Materialien näher beleuchten. Weiterführende Details dazu finden sich auf der neuen gemeinsamen Website von GNT und WGT. Ferner findet sich in dieser Jubiläumsschrift ein eigener kurzer Abschnitt über die diversen, von Mitarbeiter/innen der GNT an verschiedenen Orten wie z.B. im Zeppelin-Museum Friedrichshafen oder im Stuttgarter Haus der Wirtschaft (mit)organisierten Ausstellungen. Auch dazu verweisen wir ergänzend auf eine weitere Unterseite der GNT-Webseite und dortige links. Auch von den auswärtigen Exkur¬sionen konnten wir nur einige der größeren auflisten und in wenigen Fällen auch mit Photographien belegen, die hier noch bekannt oder rekonstruierbar waren.
Sollte uns an der ein oder anderen Stelle ein Fehler unterlaufen sein, bitten wir dafür um Nachsicht – in der online-Fassung dieser Festschrift wird eine Korrektur möglich bleiben, weshalb wir für entsprechende Hinweise an die email unseres GNT-Sekretariats dankbar sind.
Klaus Hentschel (im Namen aller Beitragenden zu dieser Festschrift)