Verlag für Geschichte
der Naturwissenschaften
und der Technik
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Ralf Hahn |
In zahlreichen biographischen Beiträgen über Fritz Haber werden seine Arbeiten zur Gewinnung von Gold aus Meerwasser erwähnt. In den meisten Fällen werden sie aber nur in wenigen Zeilen und mit der Bemerkung abgehandelt, er habe zwar sehr viel Zeit investiert, die Arbeiten seien aber letztlich gescheitert. Allenfalls wird ihm eine Verbesserung der chemischen Analysemethoden zugestanden. Was aber heißt hier »gescheitert«? Warum sind diese Arbeiten gescheitert? Und welche Analysemethoden sind in welcher Weise verbessert worden? Diese Fragen bleiben unbeantwortet, und es erscheint mir sinnvoll, ihnen nachzugehen.
Dazu kommt das Interesse an der Person Habers. Er ist wie nur wenige andere Chemiker besonders stark in die wissenschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Zusammenhänge seiner Zeit verwickelt. Auf der einen Seite vollbringt er wissenschaftliche Großtaten wie die Ammoniaksynthese aus den Elementen, er ist Nobelpreisträger und glänzender Wissenschaftsorganisator, leitet ein weltweit angesehenes Institut, bildet Dutzende von hervorragenden Schülern aus und ist maßgeblich an der Gründung der Notgemeinschaft der Deutschen Wissenschaft beteiligt. Auf der anderen Seite ist er im Ersten Weltkrieg der Organisator des Gaskrieges und setzt sich mit einer heute nur schwer verständlichen Unbedingtheit rücksichtslos für die deutschen Kriegsziele ein. Er ist der Jude, der sich taufen läßt, kaum Bezug zum Judentum hat und seine jüdische Herkunft nach Möglichkeit verschweigt, ein glühender Patriot, erfüllt von preußischer Pflichtauffassung, der am Ende seines Lebens doch wegen seiner Herkunft zum Scheitern verurteilt ist und emigriert. Wille hat seinem biographischen Roman über Habers Leben den treffenden Titel »Der Januskopf« gegeben.
Der Gegenstand seiner Arbeiten und die Zeit, in die sie fielen, entbehren ebenfalls nicht einer gewissen Faszination. Gold ist, nach Habers eigener Aussage, »ein herzlich wenig verwendbares Metall. Es eignet sich zu Schmuck und zu Zahnplomben, aber es ist dank einem alten Herkommen der Wertmaßstab aller Güter und Leistungen.« Seit Jahrhunderten ist versucht worden, Gold künstlich herzustellen, unzählige Alchimisten haben sich mit dem Problem beschäftigt. Die zwanziger Jahre, in denen Habers Arbeiten stattfinden, bilden auch in dieser Hinsicht eine Blütezeit. Es ist die Zeit der utopischen Romane Hans Dominiks, die Zeit des »Goldmachers« Franz Tausend und die Zeit, in der selbst ernstzunehmende Forscher wie Adolf Miethe daran glauben, Gold durch Transmutation aus Quecksilber erhalten zu haben.
Aus diesen Gründen erscheint es mir reizvoll, in der vorliegenden Arbeit, die 1995 als Magisterarbeit im Studiengang Geschichte der exakten Wissenschaften und der Technik unter Betreuung von Herrn Prof. Dr. Hans-Werner Schütt am Institut für Philosophie, Wissenschaftstheorie, Wissenschafts- und Technikgeschichte der Technischen Universität Berlin entstanden ist, Habers Forschungen zu untersuchen und somit ein Thema zu wählen, das keine Erfolgsgeschichte zu werden verspricht. Der Schwerpunkt liegt einerseits auf der Darstellung des organisatorischen Ablaufs, der Einblicke in die damalige Forschungsorganisation geben soll, und andererseits auf einer Darstellung der Analysemethoden, die im Verlauf der Arbeiten vervollkommnet wurden. Es soll versucht werden, die oben erwähnten offenen Fragen zu beantworten.
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